Beschluss vom 29.06.2023 -
BVerwG 3 B 24.22ECLI:DE:BVerwG:2023:290623B3B24.22.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.06.2023 - 3 B 24.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:290623B3B24.22.0]
Beschluss
BVerwG 3 B 24.22
- VG Hamburg - 16.06.2020 - AZ: 17 K 6204/18
- OVG Hamburg - 02.03.2022 - AZ: 3 Bf 177/20
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juni 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. März 2022 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie im Rahmen ihrer staatlichen Anerkennung berechtigt ist, einen Ausbildungsteil der praktischen Tätigkeit der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten selbst durchzuführen.
2 Die Klägerin bietet ambulante ärztliche und psychotherapeutische Leistungen auf den Gebieten der Psychiatrie, der Psychotherapie und der Psychosomatischen Medizin an. Im Dezember 2016 beantragte sie ihre Anerkennung als Ausbildungsstätte nach § 6 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in der bis zum 31. August 2020 gültigen Fassung (im Folgenden: PsychThG a. F.). Im Verwaltungsverfahren waren die Beteiligten unterschiedlicher Auffassung darüber, ob es sich bei der Klägerin um eine psychiatrische klinische Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung (PsychTh-APrV a. F.) handelte, die die in dieser Vorschrift vorgesehene praktische Tätigkeit ("praktische Tätigkeit 1") durchführen durfte. Die Klägerin legte daraufhin Kooperationsverträge mit zwei Kliniken als Nachweis der Sicherstellung des Ausbildungsteils der praktischen Tätigkeit 1 durch Kooperationspartner im Sinne des § 6 Abs. 3 PsychThG a. F. vor. Sie führte aus, auf die Frage, ob sie selbst eine zur Ausbildung geeignete psychiatrische klinische Einrichtung darstelle, komme es damit nicht mehr an.
3 Mit Bescheid vom 31. Januar 2018 erkannte die Beklagte eine Teileinrichtung der Klägerin als Ausbildungsstätte im Sinne des § 6 Abs. 1 PsychThG a. F. an. Die Klägerin könne die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nicht vollständig durchführen, weil es sich bei ihr nicht um eine psychiatrische klinische Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PsychTh-APrV a. F. handle. Es sei daher notwendig, dass sie den Ausbildungsteil der praktischen Tätigkeit 1 mit der Hilfe von Kooperationspartnern durchführe.
4 Die Klägerin hat im Dezember 2018 Klage erhoben, mit der sie - wie in der Berufungsverhandlung präzisiert - die Feststellung begehrt, dass sie im Rahmen ihrer staatlichen Anerkennung berechtigt ist, den Ausbildungsteil der praktischen Tätigkeit 1 der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten selbst durchzuführen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Die mit Bescheid vom 31. Januar 2018 erteilte Anerkennung der Klägerin als Ausbildungsstätte gelte nach § 28 Abs. 1 PsychThG in der ab dem 1. September 2020 geltenden Fassung (PsychThG n. F.) in Verbindung mit § 6 Abs. 1 PsychThG a. F. fort. Aus ihr folge aber nur das Recht der Klägerin, weiterhin die Ausbildung unter der Maßgabe anzubieten, dass sie die Durchführung des Ausbildungsteils der praktischen Tätigkeit 1 durch Kooperationspartner sicherstelle. Die Durchführung des Ausbildungsteils durch die Klägerin selbst sei nicht von dem Anerkennungsbescheid gedeckt. Dies folge aus der Auslegung des von der Klägerin gestellten Antrags und des Bescheids selbst.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
6
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die von ihr aufgeworfene Frage,
"Kann ein gem. § 28 Abs. 1 PsychThG n. F. zugelassenes Ausbildungsinstitut bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 PsychThG a. F. auf die Inanspruchnahme von Kooperationspartnern im Sinne des § 6 Abs. 3 PsychThG a. F. verzichten?",
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
7 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen und setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. April 2017 - 3 B 48.16 - juris Rn. 3 m. w. N.).
8 Dies zugrunde gelegt kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Dabei kann offen bleiben, ob die aufgeworfene Rechtsfrage sich angesichts der gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz) vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1604), das durch Artikel 17 des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl. I S. 1018) geändert worden ist (PsychThG n. F.), nur noch übergangsweisen Weitergeltung der Anerkennung als Ausbildungsstätte nach § 6 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten - Psychotherapeutengesetz - vom 16. Juni 1998 in der Fassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FKrEinwG - BGBl. I S. 1307) vom 15. August 2019 (PsychThG a. F.) noch für einen nicht überschaubaren Kreis in nicht absehbarer Zukunft stellen kann (vgl. zu diesen Anforderungen etwa BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 3 B 34.19 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 54 Rn. 43).
9 Jedenfalls ist die Frage, ob eine nach § 6 PsychThG a. F. anerkannte Ausbildungsstätte "auf die Inanspruchnahme von Kooperationspartnern im Sinne des § 6 Abs. 3 PsychThG a. F. verzichten kann", einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt von den Umständen des jeweils zu beurteilenden Einzelfalls, insbesondere von der im jeweiligen Anerkennungsbescheid getroffenen Regelung ab. Im Übrigen ist auch nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt, dass sich die von der Klägerin formulierte Frage in einem Revisionsverfahren überhaupt stellen würde. Ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 PsychThG a. F. vollständig vorliegen, ist zwischen den Beteiligten streitig geblieben; die Ausführungen in der Beschwerdebegründung gehen über die bloße Behauptung, die Anforderungen des § 6 Abs. 2 PsychThG a. F. seien erfüllt, nicht hinaus.
10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.